Der Reichs­tag beschloss am 23.3.1933 das Ermäch­ti­gungs­ge­setz. Nur die SPD stimm­te dage­gen.

Die Rede von Ste­phan Bosak bei der Gedenk­fei­er in Gan­der­ke­see.

Lie­be Anwe­sen­de,

heu­te geden­ken wir eines der dun­kels­ten Kapi­tel in der Geschich­te Deutsch­lands, dem 23. März 1933, dem Tag, an dem das Ermäch­ti­gungs­ge­setz ver­ab­schie­det wur­de. Die­ses Gesetz stell­te einen ent­schei­den­den Wen­de­punkt dar, nicht nur für die Wei­ma­rer Repu­blik, son­dern für die gesam­te deut­sche Nati­on und die Zukunft Euro­pas. Es ist von größ­ter Bedeu­tung, dass wir uns an die­sen Tag erin­nern und die Leh­ren dar­aus zie­hen, um sicher­zu­stel­len, dass sich die Geschich­te nicht wie­der­holt.

Am 23. März 1933 ver­sam­mel­ten sich die Abge­ord­ne­ten des Reichs­tags in Ber­lin, um über ein Gesetz abzu­stim­men, das die Wei­chen für die Errich­tung einer Dik­ta­tur stell­te. Das Ermäch­ti­gungs­ge­setz gab der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Regie­rung unter Adolf Hit­ler die Mög­lich­keit, Geset­ze ohne Zustim­mung des Reichs­tags zu erlas­sen. Dies war ein mas­si­ver Ein­griff in die demo­kra­ti­schen Struk­tu­ren, die in der Wei­ma­rer Repu­blik müh­sam eta­bliert wor­den waren. Die Gewal­ten­tei­lung, ein Grund­pfei­ler jeder Demo­kra­tie, wur­de damit fak­tisch auf­ge­ho­ben.

Unse­re Sozi­al­de­mo­kra­ti­sche Par­tei Deutsch­lands, war die ein­zi­ge Par­tei, die sich gegen die­ses Gesetz stell­te. Unse­re Abge­ord­ne­ten erkann­ten die Gefah­ren, die mit der Kon­zen­tra­ti­on von Macht in den Hän­den einer ein­zi­gen Par­tei ver­bun­den waren. Sie warn­ten vor den Fol­gen, die eine sol­che Ent­schei­dung für die Frei­heit und die Rech­te der Bür­ger haben wür­de. Doch trotz der muti­gen Gegen­re­de unse­res dama­li­gen Vor­sit­zen­den Otto Wels war die SPD in der Lage, nur begrenz­te Unter­stüt­zung zu mobi­li­sie­ren. Vie­le Abge­ord­ne­te waren von der bru­ta­len Repres­si­on der Natio­nal­so­zia­lis­ten ein­ge­schüch­tert, und die poli­ti­sche Land­schaft war von Angst und Unsi­cher­heit geprägt.

Die Ver­ab­schie­dung des Ermäch­ti­gungs­ge­set­zes war nicht nur ein recht­li­cher Akt, son­dern auch ein sym­bo­li­scher. Sie mar­kier­te das Ende der Wei­ma­rer Demo­kra­tie und den Beginn einer Ära der Unter­drü­ckung und Ver­fol­gung.

Die natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Regie­rung nutz­te das Gesetz, um poli­ti­sche Geg­ner zu ver­fol­gen, die Mei­nungs- und Pres­se­frei­heit ein­zu­schrän­ken.

Das Ver­samm­lungs­recht, das Post –und Fern­mel­de­ge­setz, das Recht auf Unver­letz­lich­keit der Woh­nung, das Peti­ti­ons­recht und auch die Glau­bens­frei­heit wur­den gänz­lich abge­schafft, um damit die Gesell­schaft nach ihren Idea­len zu for­men. Die SPD und ande­re oppo­si­tio­nel­le Grup­pen wur­den sys­te­ma­tisch zer­schla­gen, ihre Mit­glie­der ver­folgt und inhaf­tiert.

Es ist wich­tig, dass wir uns heu­te dar­an erin­nern, wie schnell demo­kra­ti­sche Struk­tu­ren unter­gra­ben wer­den kön­nen, wenn die Gesell­schaft nicht wach­sam ist.

Die Ereig­nis­se des 23. März 1933 leh­ren uns, dass es unse­re Ver­ant­wor­tung ist, für die Wer­te der Demo­kra­tie ein­zu­tre­ten und uns gegen jede Form von Extre­mis­mus und Into­le­ranz zu weh­ren. Wir müs­sen die Leh­ren aus der Geschich­te ernst neh­men und uns aktiv für eine offe­ne und plu­ra­lis­ti­sche Gesell­schaft ein­set­zen.

In der heu­ti­gen Zeit, in der wir mit neu­en Her­aus­for­de­run­gen kon­fron­tiert sind, ist es uner­läss­lich, dass wir die Prin­zi­pi­en der Demo­kra­tie und der Men­schen­rech­te ver­tei­di­gen. Wir leben in einer Welt, in der popu­lis­ti­sche Strö­mun­gen und auto­ri­tä­re Ten­den­zen wie­der an Ein­fluss gewin­nen. Es liegt an uns, die­sen Ent­wick­lun­gen ent­ge­gen­zu­tre­ten und für eine Gesell­schaft zu kämp­fen, die auf Respekt, Tole­ranz und Gleich­heit basiert.

Lasst uns den 23. März 1933 nicht nur als einen Tag des Geden­kens betrach­ten, son­dern auch als einen Auf­ruf zum Han­deln. Las­sen Sie uns gemein­sam dafür sor­gen, dass die Wer­te der Demo­kra­tie nicht nur auf dem Papier ste­hen, son­dern in unse­rem täg­li­chen Leben ver­wirk­licht wer­den. Jeder von uns hat die Pflicht, sich für eine gerech­te und demo­kra­ti­sche Gesell­schaft ein­zu­set­zen.

Gera­de für uns Sozi­al­de­mo­kra­ten ist dies mit dem Blick auf die Geschich­te eine Ver­ant­wor­tung und Pflicht.

In die­sem Sin­ne appel­lie­re ich an alle Anwe­sen­den: Seid wach­sam, enga­giert Euch und setzt Euch für die Wer­te ein, die uns als Gesell­schaft zusam­men­hal­ten