Die Gegenwart ins Rathaus holen

Am Mittwoch Abend hatten Ulf Moritz und Marcel Dönike die Presse zum Sommergespräch ins Rathaus geladen. Darüber brichteten die Zeitungen ausführlich. Da wir es selbst nicht besser zusammenfassen können als der Delmenhorster Kurier, drucken wir hier mit der Erlaubnis des Redakteurs Jochen Brümmer den Artikel einfach ab.

Jochen Brünner 13.08.2020

Mit den Schwerpunktthemen Digitalisierung, Verkehr und Baulandpolitik will die SPD-Fraktion im Ganderkeseer Gemeinderat bis zur Kommunalwahl im Herbst 2021 Akzente setzen. Eine andere Frage blieb unbeantwortet.

Die Ganderkeseer SPD sieht die Schwerpunkte im letzten Jahr der aktuellen Ratsperiode in der Digitalisierung sowie der Verkehrs- und Baulandpolitik. (Michael Kappeler/DPA)

Digitalisierung, Verkehr, Baulandpolitik – mit drei Schwerpunktthemen will die SPD-Fraktion im Ganderkeseer Gemeinderat im verbleibenden Jahr bis zur Kommunalwahl im Herbst 2021 Akzente setzen. Der Fraktionsvorsitzende Ulf Moritz und sein Stellvertreter Marcel Dönike stellten das Programm am Mittwoch im Rathaus vor.

Digitalisierung

„Die Corona-Zeit hat deutlich gemacht, dass auch im öffentlichen Dienst plötzlich sehr viel mehr digital ging, als man das für möglich gehalten hätte“, hat Moritz beobachtet. Hätten viele Mitarbeiter vorher geradezu Angst vor der E-Akte gehabt, so werde sie jetzt von vielen sogar gefordert. Die Digitalisierung sei ein wichtiger Baustein, Verwaltungsabläufe zu optimieren. „Dann können auch mal drei Leute gleichzeitig an einer Akte arbeiten, und man muss nicht immer warten, bis sie von einer Abteilung in die andere wandert“, nennt Moritz ein Beispiel.

„Wir müssen die Gegenwart ins Rathaus holen“, bringt Dönike die Forderung auf den Punkt. So nehme die Namensänderung in einem neuen Personalausweis zurzeit noch mehrere Wochen in Anspruch, und überhaupt sei es unkomfortabel, sich für viele Bürgerbüro-Angelegenheiten an die Öffnungszeiten des Rathauses binden zu müssen. „Das sollte funktionieren wie Online-Banking“, findet der 30-Jährige, sieben Tage in der Woche und 24 Stunden am Tag. Gleiches gelte für Kitaanmeldungen, die zwar bereits online erledigt werden können. Allerdings funktioniere der Austausch mit den freien Trägern noch nicht wie gewünscht.

Auch die Schulen stehen aus Sicht der SPD-Fraktion beim Thema Digitalisierung noch ganz am Anfang. WLAN und Tabletklassen dürften noch nicht das Ende sein. Dabei gelte es aufzupassen, dass Schüler aus bildungsfernen Schichten durch das Homeschooling nicht abgehängt würden. Schließlich wollen Moritz und Dönike auch in der Ratsarbeit die Digitalisierung weiter forcieren. In diesem Zusammenhang werde die Fraktion an ihren Anträgen zum Streamen von Ratssitzungen oder der frühzeitigen Veröffentlichung von Sitzungsunterlagen weiterhin festhalten.

Verkehr

„70 000 Euro hat der 2017 vorgelegte Verkehrsentwicklungsplan die Gemeinde gekostet. Aber von 46 Maßnahmen für den Radverkehr sind erst sieben umgesetzt. Ich frage mich, warum man so viel Geld für ein Konzept ausgibt, das dann in die Schublade wandert“, kritisiert Moritz. Allerdings hat der Rat gerade 100 000 Euro zusätzlich für den Radverkehr bewilligt. „Wir hoffen jetzt, dass dieses Geld in vernünftige Projekte fließt“, sagt der Fraktionschef.

Was den Autoverkehr betrifft, blieben das Grundnetz und damit die Engpässe im Ortskern unangetastet. „Die Westtangente, die ja ursprünglich mal als echte Umgehungsstraße geplant war, ist nicht geeignet, die Verkehrsprobleme des Ortes zu lösen“, meint Moritz. Und da eine Landgemeinde nun mal nicht ohne Autoverkehr auskomme, müsse es zwar die Aufgabe sein, den Radverkehr zu fördern, aber eben nicht auf Kosten der Autofahrer. So müssten Neubaugebiete so geplant werden, dass die Straßen breit genug für Versorgungsfahrzeuge von Müllabfuhr oder Rettungsdienst seien. „Darauf hätten wir bei der Ausweisung einiger Baugebiete stärker achten müssen“, gibt sich Dönike selbstkritisch. Im Bereich ÖPNV gelte es, auch über andere Konzept wie ein Ruf-Taxi nachzudenken als sich mit dem Bürgerbus zu begnügen. Ärgerlich seien auch die vielen Zugausfälle bei der Nordwestbahn.

Baulandpolitik

Im Zeitraum zwischen 2016 und 2021 habe es einen errechneten Bedarf von 434 Neubauwohnungen gegeben, tatsächlich entstanden seien sogar 465, rechnet Ulf Moritz vor. Dies gelte allerdings nicht für Mietwohnungen, wo von 221 (errechneter Bedarf) nur 165 gebaut worden seien. Und beim öffentlich geförderten Wohnraum sei mit 37 Wohnungen nicht einmal die Hälfte der 83 geforderten errichtet worden. „Es bleibt in Ganderkesee schwer, eine Mietwohnung zu bekommen“, sagt Moritz. Die seien aber gerade für junge Arbeitskräfte und geringere Einkommen alternativlos.

„Die Ortsentwicklungspläne sind im Schnitt 20 Jahre alt. In dieser Zeit hat sich viel geändert. Hier brauchen wir eine enge und zeitnahe Weiterentwicklung unter Beteiligung der Bürger“, fordern Moritz und Dönike. Gleichwohl solle die Gemeinde behutsam mit ihrem Bauland umgehen. „Wir haben in den vergangenen zehn Jahren einiges zugebaut. Jetzt müssen wir uns auf die Lückenbebauung konzentrieren“, erläutert Dönike. Die SPD regt deshalb ein Baulückenkataster an, das freie Grundstücke ausweist. Keinen Zweifel lässt das Duo daran, „dass wir auch in Zukunft eine ländliche Gemeinde bleiben möchten“.

Über einen möglichen Bürgermeisterkandidaten schweigen sich Moritz und Dönike unterdessen aus: Das sei allein Sache des Ortsvereins, betonen sie. Ähnliche Grabenkämpfe wie in Delmenhorst sind in Ganderkesee allerdings nicht zu erwarten.