Gemeindeentwicklung – kritisch gesehen

Am 12.10. führte die SPD Fraktion eine Öffentliche Fraktionssitzung zum „Integrativen Gemeindeentwicklungskonzept“ (IGG) durch.

Es ist nun schon die dritte Veranstaltung in diesem Jahr, in der sich die SPD Fraktion Experten von außen einlädt, um ihre eigene Meinungsbildung auf eine breitere Basis zu stellen. Erinnern darf ich an die Einladung von Frau Unruh (Geschäftsführerin des Niedersächsischen Volkshochschulverbandes) zum Thema regioVHS, an der auch Vertreter fast aller Fraktionen aus dem Gemeinderat teilnahmen und der gemeinsamen Sitzung mit der SPD Fraktion Hude ebenfalls zum Thema regioVHS.

Nun ging es also um das IGG. Dazu hatte ich Stephan Diekmann (Fraktionsvorsitzender der SPD Wildeshausen) als Referenten eingeladen. . Wildeshausen hat 2018 ein solches Projekt durchgeführt. Dort heißt es: Städtebauliches Entwicklungskonzept „Wildeshausen 2030“. Stephan Dieckmann hat über die Erfahrungen berichtet, die man in Wildeshausen damit gemacht hat, und wie es nach Abschluss des Projektes dann in Wildeshausen weiterging und immer noch weitergeht. Außerdem waren viele Gäste zur Sitzung gekommen. Insbesondere waren fast alle Vorsitzenden der Orts- und Heimatvereine in der Gemeinde Ganderkesee nicht nur anwesend, sondern sie haben sich auch rege an der Diskussion beteiligt.

In der Begrüßung erläuterte Ulf Moritz, wo wir im Prozess der Erstellung eines IGG gerade sind. Dazu nutzte er die Präsentation, die die Verwaltung in der Sitzung des Fach­aus­schusses am 16.6.22 vorgelegt hat. (zu finden im Protokoll der Sitzung)

Man sei jetzt am Punkt „Vorbereitende Maßnahmen und Gespräche durch die Verwaltung“ Die Steuerungsgruppe ist zusammengestellt und wird im nächsten Schritt über die Ausschreibung diskutieren, mit der ein Planungsbüro gefunden und beauftragt werden soll.

Hier gab es schon die ersten Nachfragen aus der Runde. Es wurden Bedenken geäußert, dass mit einer Ausschreibung ein Büro gefunden werden könnte, welches sich in Ganderkesee überhaupt nicht auskennt. An dieser Stelle griff der Referent aus Wildeshausen zum ersten Mal ein: Auch in Wildeshausen habe man zunächst solche Bedenken gehabt und der Erstellung der Konzepte dort habe man mit ver­schie­denen Büros zusammengearbeitet, die teils von weit her kamen. Sie alle haben sich aber als sachliche und kompetente Fachleute erwiesen, so dass er jetzt sagen könnte, er sei ein Fan von Planungsbüros.

Dann ging Stephan Dieckmann auf die Erstellung des Konzeptes „Wildeshausen 2030“ ein. Die Erfahrungen fasste er so zusammen:

Entwicklungsziele wurden aufgezeigt, erste Detailsierungen (Quartierskonzepte) wurden festgelegt und erste Maßnahmen empfohlen

  • Größere Einzelmaßnahmen können nun ohne „Bauchgefühl“ abgewogen werden. Argumentationsgrundlage!
  • Effizienz der politischen Arbeit, die Dinge zu bearbeiten die strategisch wichtig für die Gemeinde sind.
  • Ist das alles? NEIN
    Zur Klarstellung: Es geht im Wesentlichen um die „globale“ Verortung von baulichen Entwicklungsmaßnahmen (Wohnen, Gewerbe, Industrie, Naherholung, …) innerhalb der Gemeinde.
  • Die Welt dreht sich weiter, d.h. Ziele können erweitert bzw. aufgegeben werden (z.B. Klimaschutz, Photovoltaik, usw. sind damals nicht berücksichtigt worden)
  • Zu empfehlen, wenn es kein Papiertiger wird. Die in dem Konzept aufge­zeigten Themenfelder sollten auch bearbeitet werden. Und eine breite politische Mehrheit muss dahinterstehen. Gibt es dafür kein Willen, dann lieber sein lassen.

Als wesentliche Ergänzung zu diesem Konzept stellte er das „Dichtemodell“ vor. Dies beschäftigt sich mit einem auch in Ganderkesee brisanten Thema. In alten Siedlungs­gebieten lassen die Bebauungspläne Bauten zu, die zum Charakter der Umgebung heute nicht passen. Bei entsprechenden Bauanträgen musste der Landkreis diese genehmigen, weil die Rechtslage (gültiger Bebauungsplan) diese Bauten zuließ. Dies wurde mit einem Dichtemodell für die Zukunft verhindert.

Im Ergebnis fasste Stephan Dieckmann das Dichtemodell so zusammen:

Erfahrung /Fazit

  • Valides Planinstrument für die Verwaltung bei Bauvoranfragen
  • Investoren sehen Entwicklungspotentiale (was geht, was nicht)
  • Effizientere Ratstätigkeit, keine endlosen Diskussionen mehr wo massiv gebaut werden kann oder nicht
  • Rechtliche Wirkungsweise kommunizieren (Beispiele: Investor, Bürgerfrage)
  • Man sollte sich daran halten, aber es darf ausdrücklich Ausnahmen geben

Sehr zu empfehlen!

Im Anschluss an seinen Vortrag gab es noch eine lebhafte Diskussion mit Skepsis und Zustimmung zu diesem Weg. Marcel Dönike und Ulf Moritz nehmen viele Anregungen in die Steuerungsgruppe mit. Insbesondere waren zwei hervorzuheben.

In Wildeshausen waren die ersten Workshops, an denen sich Bürger*innen beteiligen konnten nur schwach besucht. Hier muss man in Ganderkesee Wege finden, dass man durch Regionalisierung mehr Beteiligung schafft.

Zum Zweiten scheint es empfehlenswert, den Prozess in zwei Phasen aufzuteilen: Eine erste, um die Ziele, das Leitbild zu definieren, wohin die Reise gehen soll: Viel oder wenig Gewerbe, viel oder wenig Wohnungsbau, viel oder wenig Kultur und so weiter. Dann in der zweiten Phase ein Planbüro beauftragen, um diese vorgegeben Ziele mit großer Bürgerbeteiligung umzusetzen.

Ulf Moritz schloss die Fraktionssitzung mit der Aufforderung an die Teilnehmer*innen: Bleiben sie dran, beteiligen sie sich! Und melden sie sich sofort, wenn aus ihrer Sicht etwas schiefläuft.

Diese besondere Fraktionssitzung war eine Bereicherung unserer Arbeit. Der Aufwand dazu hat sich gelohnt.